Die Nordoberpfalz – klettertechnisches El Dorado
(Feststellungen und Visionen)
(von Dipl.-Geol. Harald Rost, Windischeschenbach, Dezember 2018)
Von der Liebe zu Oberpfalz, Zoigl und Felsen
Da wollte ich eigentlich nur bereits Vorhandenes etwas übersichtlicher gestalten und jetzt finde ich mich plötzlich mit Verve beim Schreiben eines neuen Artikels: „Die nördliche Oberpfalz – ein klettertechnisches El Dorado – oder so 🙂
Nun, über „Klettergesteine“ habe ich mich ja schon einmal etwas ausgelassen. Dieser Artikel greift das Thema wieder auf, beschränkt sich aber mehr auf unser „ureigenes“ Umfeld: +/- die nördliche Oberpfalz. Ich wohne in Windischeschenbach, bin Kletterer und Geologe und liebe – neben dem Zoigl, wie es hier fast üblich ist 🙂 – auch die Oberpfalz und ihre Natur. Es ergibt sich also fast von selbst, daß mir kaum ein Felsen und Gestein in der Umgebung fremd ist und ich seit Wiederaufnahme meiner Hobby-Kletteraktivitäten vor einigen Jahren und Beitritt im DAV diese immer auch unter diesem Aspekt betrachtet habe. Ich denke, ich kenne mehr Zoigl, schöne und interessante Orte, Geotope und eben auch Felsen hier, als so manch Anderer. Vermutlich kommt mir dabei gerade sogar ergänzend zugute, daß ich zugezogener „Fremder“ bin. So wie der Prophet im eigenen Lande oft nichts gilt, so nimmt der Einheimische schon aus schierer „Gewohnheit“ die Schönheiten, Besonderheiten und Potentiale seines Umfeldes manchmal nur noch eingeschränkt wahr oder bemerkt sie gar erst, wenn er wegzieht, weil sie ihm dann plötzlich schmerzlich fehlen. Die „Kletterer-“ und „Geologen-Augen“ und das entsprechende Interesse tun dann ihr Übriges und so ist es leicht, die Begeisterung für meine neue Heimatregion folgend mit einigen „Argumenten“ und auch „Visionen“ zu unterfüttern.
Windischeschenbach und der Burgfelsen Neuhaus als Nabel der Welt 🙂
Es ist mir dabei hoffentlich auch von den anderen „Kletterer-Locals“ gegönnt, daß ich dies dabei etwas lokalpatriotisch aus „Windischeschenbacher Sicht“ tue – mein Wohnort ist schließlich nicht nur „Zoiglhauptstadt„, sondern erstens näher am Zentrum des klettertechnischen Geschehens, dem Steinwald, als TIR, in dem eine meiner beiden DAV-Sektionen ansässig ist, zweitens kann er seit 2016 mit dem Neuhauser Burgfelsen mit eigenem Kletterfelsen aufwarten – letztlich dank mir 🙂 ! Dieser Kletterfelsen ist zumindest „outdoor“ bereits die „Heimat für hiesige Kletterer“, die speziell den „Auswärtigen“ aus Tirschenreuth das Sudhaus Schels „indoor“ erst noch werden muß (und bestimmt auch wird – aber mit konkreter „Arbeit“ danach ist das dann oft so eine Sache), und drittens werden nicht zuletzt dank der Erschließung des Burgfelsen Neuhaus sowie der jährlich dort durchgeführten Ferienbetreuung auch immer mehr Windischeschenbacher zu Kletterern und DAV-Mitgliedern.
Genug Grund für mich jedenfalls, Neuhaus folgend als den diesbezüglichen Nabel der Welt zu sehen und Entfernungsangaben bzw. Fahrstrecken „logischerweise“ von Windischeschenbach bzw. dem Burgfelsen anzugeben 🙂 – Und damit wäre ich auch endlich beim Thema.
Die Nordoberpfalz – ein klettertechnisches El Dorado
Wer die Oberpfalz vorschnell auf „nur Granit“ oder – etwas wissender – auf Kalk, Granit und Gneis reduziert, liegt definitiv falsch. Schon die gröbste geologische Übersichtskarte (s. Abb.) zeigt ein bunteres Bild. Nun ist natürlich nicht jedes Gestein kletterbar oder überhaupt aufgeschlossen und im besten Falle sogar bereits klettertechnisch erschlossen (s. „Klettergesteine„). Gerade die nördliche Oberpfalz und speziell Windischeschenbach aber haben bereits jetzt einiges zu bieten und insbesondere bei Nutzung des zusätzlichen Potentials (!!) wären sie ein richtiggehendes Kleinod und als Ausgangspunkt ein El Dorado für Kletterer, das hinsichtlich der kletterbaren Gesteinsarten und Gesteinvarietäten sowie Routenzahl in überschaubarer Entfernung (!) bis +/- 100 km so leicht nicht zu schlagen wäre!
(s. Abb.: Ausschnitt Postkarte Geol. Übersicht v. Bayern (Bayerisches Landesamt für Umwelt)
Granite

Vorherrschend ist zwar Granit, aber dessen einzelne Vorkommen unterscheiden sich teilweise so beträchtlich, daß von wirklich „gleichem Gestein“ und gleicher Kletterei manchmal kaum zu sprechen ist. Zusätzlich bieten Mittelgebirge, Berge, Hügelland, Flußtäler und Steinbrüche jeweils eine ganz eigene Formen- und Strukturvielfalt an Felsen und Wänden. Fichtelgebirge ist anders, als Steinwald (Vogelfelsen, Räuberfelsen, Ratfelsen-Gruppe und Augsburger Felsen) und der grobkristalline Falkenberger Granit, mit seinen sehr großen Feldspateinsprenglingen, ist dem Selber und Karlsbader Granit, beide mit ebenfalls porpyrischem Gefüge, zwar ähnlich, klettert sich aber doch auch wieder anders, als diese. Klettereien in Flossenbürger Granit oder an alten Granit-Steinbruchwänden bei Leuchtenberg (teilw. überraschend reibungsarm) schließlich sind wieder eigen – und dies nicht nur wegen der andersartigen landschaftlichen Prägung, sondern eben auch und gerade wegen des Gesteins selbst sowie der besonderen Aufschlußformen.
Sandstein, Kalk/Dolomit, Gangquarz, Gneis und Diabas
Wem aber Granit dennoch zu viel wird und wer prüfen möchte, welch ggf. andere Klettertechniken noch deutlichere Gesteinsunterschiede fordern, dem ist leicht zu helfen: In nur 35 km Entfernung bietet ein ganz besonderer Sandstein im Oberpfälzer Hügelland zwar wenige, aber durchaus anspruchsvolle Routen und ab 50 km Entfernung bietet mit der Fränkischen Alb eines der weltweit bekanntesten Klettergebiete eine schier unerschöpfliche Routenzahl in Kalk/Dolomit. Damit aber nicht genug, lockt 60 km entfernt eine Besonderheit: der reine Quarz des Böhmischen Pfahls bietet ein ähnliches Klettervergnügen, wie der zwar bayerische, aber weiter entfernte Gangquarz seines Gegenstücks, des Bayerischen Pfahls. Lediglich für gut kletterbaren Gneis muß man schon ca. 100 km in Kauf nehmen, wird dann am Kaitersberg aber zusätzlich mit einer der schönsten Aussichten im Bayerischen Wald belohnt. Wer fast in Gegenrichtung ähnlich weit zu fahren bereit ist, findet im Elstertal, direkt an der thüringisch-sächsischen Grenze, schließlich im Diabas des Steinicht nochmals ein lohnendes „Granit-Ausweichziel“ mit komplett anderen Gesteinseigenarten und kann zudem auf der Verwerfungsfläche der Sonnenwand wunderbare Platten-Reibungskletterei genießen.
Noch Wünsche offen? – Basalt!?
Wie aufgezeigt, muß einem als in der nördlichen Oberpfalz beheimatetem Kletterer, speziell in Windischeschenbach 🙂 , also keineswegs langweilig werden und von „stupidem Granitklettern“ kann keine Rede sein. Mit Granit, Sandstein, Kalk, Dolomit und Quarz sind 5 von 7 Gesteinen des „Kletterer-Gesteins-Grundsortiments“ innerhalb eines Radius von 60 km Fahrstrecke erreichbar. Zählt man den Metabasalt Diabas als „Basalt“ und toleriert bei ihm wie beim Gneis die geringe Überschreitung des 100 km-Radius, so steht einem sogar das gesamte „Grundsortiment“ (mehr) in akzeptabler Entfernung und klettertechnisch durchaus gut erschlossen zur Auswahl.
Die Kletterei im Diabas des Steinicht sowie dessen Aussehen und Textur aber haben so gar nichts mit dem zu tun, was man sich als Kletterer gemeinhin von „Basalt i.w.S.“ (Vulkanite werden umgangsprachlich oft „großzügig“ allesamt einfach als „Basalte“ angesprochen) so denkt und wünscht: So wie der Bautechniker bei Basalt schnell schlicht dunklen Eisenbahnschotter im Kopf hat, so denkt der Kletterer wohl sehr schnell an meist sechseckige „Basaltsäulen“ und die sich (bei senkrechten Säulen) daraus ergebenden speziellen Klettereien: Riß- und Kaminklettern. Daß die eindrücklichsten dieser Säulen dabei oft nicht wirklich Basalt sind, sondern eben Phonolit (Bsp. Devils Tower oder Steinwand/Rhön) oder andere Vulkanite (s. Streckeisendiagramm), ist dabei meist nur von begrenztem Interesse.

Nun gibt es zwar auch unmittelbar in der Region Nordoberpfalz, dem angrenzenden Franken und Tschechien einige Basaltvorkommen, zum Klettern sind sie jedoch oft grundsätzlich nicht geeignet und/oder sie sind aus unterschiedlichen Gründen nicht zum Sportklettern erschlossen. Wer tatsächlich an „Basaltsäulen“ Riß- und Kaminklettern will – und wem es dabei ganz ungeologisch nichts ausmacht, daß es sich hier nicht um „echten“ Basalt handelt, sondern um Nephelinbasanit – muß schon nach Tschechien ausweichen und kann dies dann von Windischeschenbach nach einer Anfahrt von 73 km ansatzweise an nur wenigen, sehr spärlich erschlossenen, aber immerhin deutlichen und durchaus beeindruckenden Säulen in einem Steinbruch bei Konstantinsbad versuchen.
Die beeindruckenden Basaltvorkommen im Westerzgebirge (Bsp.) liegen mit >140 km Anfahrt bereits deutlich außerhalb des oben gewählten 100 km-Radius und sind nicht erschlossen. Alle anderen ohnehin spärlich gesäten säulenartigen Basaltvorkommen sind zu klein, ebenfalls nicht klettertechnisch erschlossen, schon gar nicht erst wirklich aufgeschlossen oder zugänglich – oder eben viel zu weit.

500 km – fast an die belgische Grenze (!) – müßte man aktuell fahren, um tatsächlich „richtig“ basaltklettern zu können! Wer nimmt das schon auf sich – abgesehen davon, daß bei solchen Fahrstrecken von Ökologie-Ökonomie kaum geredet werden kann. Außerdem: So schön die Eifel bei Mayen auch ist und so gut der Moselwein auch schmeckt, der Zoigl ist weit; sehr weit 🙁 !
Dennoch, ein wenig Appetit will ich bei der Gelegenheit hier schon mal machen: Ettringen vor allem heißt das Zauberwort dort. U.a. Basaltsäulen vom Feinsten! „Es dominiert anspruchsvolle Risskletterei in ungewöhnlich glattem Basalt: neben Hand- und Fingerrissen findet man auch Schulter- und Körperrisse, sowie enge Kamine“ (Quelle DAV). Mit bis zu 25 m Wandhöhe zudem auch von der Höhe beeindruckend und, dem kann man wohl zustimmen, „eines der geilsten Klettergebiete überhaupt“ (http://www.antiserum.eu).
Also, wer da, sofern er Technik und durchaus hohen Schwierigkeitsgrad (i.d.R. > 6) beherrscht, nicht Lust bekommt …
500 km . Schade, daß es das bei uns nicht gibt! – Welche grandiose klettertechnische Kombination und Ergänzung wäre das insbesondere zu unserem weiten Spektrum an einheimischen Granitklettereien und dem in nur 50 km Entfernung liegenden weltbekannten Klettergebiet der Fränkischen Alb! In kleinem Umkreis zu den schon vollkommen unterschiedlichen „Klettergesteinen“ Kalk- und Dolomit, der großen Bandbreite an Granit, dem Sandstein und Quarz zusätzlich der wieder ganz andere und ebenfalls anspruchsvolle Basalt! Und Gneis und Diabas durchaus auch noch +/- im 100 km Radius! Wo gibt es das sonst so!? Die nördliche Oberpfalz würde zu einem wahren klettertechnischen Ort der Verheißung 🙂 – durchaus nicht nur für kletternde Geologen 🙂 und ggf. ja auch unter touristischen Aspekten interessant. Der Geopark quasi nicht nur „eher akademisch“, sondern zum Erfahren und sprichwörtlich Anfassen und Erleben!
Tja, schade – d.h, Moment … !
Das Besondere liegt so nah – Unerschlossenes Potential
Basalt in der nördlichen Oberpfalz
Wo also wäre tatsächlich kletterbarer Basalt +/- in der unmittelbaren nördlichen Oberpfalz und das möglichst in säulenförmiger Ausprägung? Säulen gibt es schon mehrfach, alleine, meist sind sie nicht so beeindruckend und klettertechnisch auch weitgehend uninteressant, wie etwa das kleine Basaltvorkommen am Sportplatz des ohnehin schon fränkischen Thierstein. Augenfällig, aber kaum wirklich etwas für die vorstehend ausdrücklich gewünschte Riß- und Kaminkletterei, dafür aufgrund der gebogenen Säulentexturen von ganz eigenem und auch außergewöhnlichem Reiz, wäre sicher der Parkstein …

Ebenfalls eine spezielle Ausprägung hat der Säulenbasalt im ehemaligen Steinbruch Zinst. Hier haben die Säulen durch herausgewitterte Olivinknollen und Peridotit–Xeonolithe eine oft löcherige Struktur und erinnern manchmal fast an die Griffe und Tritte im Dolomit, so daß sie trotz max. nur 8 m potentieller Kletterhöhe die Phantasie durchaus beflügeln …
Der Rauhe Kulm hingegen, einer der imposantesten Basaltkegel Bayerns, hat klettertechnisch letztlich nicht einmal theoretisch etwas zu bieten und sein kleiner Bruder, der Kleine Kulm, besteht nicht aus Säulenbasalt, sondern aus Schlotbrekzien.
Einen aber habe ich noch und zu meiner Zeit an der Uni in Erlangen habe ich vor Jahrzehnten sogar schon einmal Studenten bei einer Exkursion hierher geführt. Auch die haben gestaunt! Hier hätte es – außer die löcherige Textur in Zinst – in der Tat wahrhaft alles und von Säulendurchmesser und Wandhöhe müßte der überwiegend glatte Basalt hier nicht einmal hinter Ettringen zurückstehen! Im Gegenteil: Die grundsätzliche Wandlänge und der offenere, gegenüber den tieferen, meist schattigen Steinbrüchen der Eifel glatt „präsentablere“ Anschnitt am Berg läßt sich sehen:

Weitere Bilder Basalt-Steinbruch Großer Teichelberg
Nur 26 km Wegstrecke von Windischeschenbach (!), kaum weiter, als der Augsburger Felsen im Steinwald, gibt es bei Pechbrunn am Großen Teichelberg beeindruckende Basaltsäulen, die ähnliche Klettereien böten, wie ansonsten – zur Erinnerung! – eben erst in 500 km Entfernung, fast schon in Belgien! Die schlechte Nachricht ist, daß es sich hier leider um einen aktiven Steinbruch handelt – aber man braucht ja Visionen 🙂 ! (P.S. 2019/2020: Zum 31.12.2018 wurde der Gewinnungsbetrieb eingestellt! Zusammen mit dem DAV als Naturschutzverband und Fachansprechpartner für Klettern und Naturschutz ist der Autor hier „am Ball“.) Als gut darf dafür gelten, daß just der klettertechnisch interessante Bereich eine nicht mehr im Abbau befindliche Wand ist, die unmittelbar an ein Naturschutzgebiet grenzt und so wohl tatsächlich grundsätzlich erhalten bleibt. Nebenbei: auch als Geotop ist der entsprechende Wandabschnitt in unserem Raum, in Bayern, ja in ganz Süddeutschland und darüber hinaus (!) einmalig. Nicht umsonst habe ich, wie oben erwähnt, die Exkursion hierhergeführt. Würde die Wand nach Nutzungsende einfach zuwachsen, wäre es so also doppelt schade! Hier gäbe es demnach ggf. ein gemeinsames Interesse und Synergien! Gerade die Felspflege im Rahmen einer klettertechnischen Nutzung kann hervorragend auch dem Erhalt eines Geotops dienen! – Vorbeugend: Es handelt sich nur um einen Bruchteil der stillgelegten Wände, so daß ein Konflikt mit event. sonstigen naturschützerischen Belangen rein sachlich kaum wirklich ansteht!
Routen gäbe es da … Es wären natürlich nicht ganz so viele, wie in Ettringen, aber schon als aufpeppende Ergänzung zum für den ein oder anderen ggf. eben doch fast schon etwas „langweilig“ daherkommenden Granit … Es wäre ganz Anderes! Und daß in Zusammenhang mit den anderen o.g. Gesteinen, Geotopen und Klettergesteinen, die es hier bei uns als außergewöhliche Besonderheit eben auf engstem Raum und gut erreichbar gibt, die nördliche Oberpfalz sich auch unter diesem bisher weitgehend unbekannten Aspekt als besonders interessant und reizvoll erweist – den Zoigl noch gar nicht dazugezählt 😉 ! – wäre sicher ein großer zusätzlicher Pluspunkt letztlich für die ganze Region! Aber dies habe ich vorstehend schon ausgeführt und wird nur aufgrund meiner eigenen Begeisterung hier wiederholt 🙂
-> Weitere Bilder Basalt-Steinbruch Großer Teichelberg (Google-Foto-Galerie)
Amphibolit, das verborgene Highlight – Das ganz Besondere liegt noch näher
Wie vorstehend schon am Basalt aufgezeigt, das Besondere liegt überraschenderweise nahe, manchmal aber liegt es „noch näher“, quasi direkt „vor der Haustüre“: Amphibolit!
Windischeschenbach ist nicht nur die Stadt der größten Zoigl-Dichte, sondern auch des tiefsten geraden Bohrlochs (9101 m) und des größten Landbohrturms (83 m) der Welt! 1987 bis 1995 lief hier das geowissenschaftliche Großforschungsprojekt KTB – Kontinentales Tiefbohrprogramm. Bei den im Rahmen dieser Bohrung durchteuften Gesteinen ist Amphibolit zwischen 4 und 7 km Tiefe das letztlich beherrschende Gestein. Mit ca. 600 Mio Jahren ist es etwa doppelt so alt, wie die in der Region scheinbar so prädominanten Granite. Häufig nur als Bänder in anderen Gesteinen oder in Wechsellagerung auftretend, erscheinen an der Erdoberfläche zwar durchaus auch massige Amphibolite im Verband (z.B. im Ötztalkristallin) und stellen dann grundsätzlich ein hervorragendes und zudem oft schön anzusehendes Klettergestein dar. Weltweit (!) finden sich allerdings dennoch eher Bergtouren (z.B. Gross Grünhorn), denn Sportkletterrouten in Amphibolit. Zumindest für Sportkletterer und Ästheten ist es also schon etwas Besonderes, auch wenn seine fast schon penetrante Häufigkeit im Bohrkern der KTB bei den Wissenschaftlern doch eher begrenzte Freude hervorrief, da sie lithologisch mehr Abwechslung erhofft hatten.

Um Amphibolit zu klettern, müssen wir nun aber weder erst per Bohrung in 4 km Tiefe, noch etwa aus dem Bohrgut Hallen-Klettergriffe aus echtem Gestein herstellen. Amphibolit tritt auch an der Erdoberfläche auf. Während in den Alpen jedoch förmlich ganze Berge aus Amphiboliten bestehen können, sind größere Amphibolit-Felsen (also an der Oberfläche tatsächlich sichtbares Gestein) außerhalb der Alpen eher selten und dann zudem oft unscheinbar – das gilt leider auch in der nördlichen Oberpfalz. Dabei kann Amphibolit, inbesondere gebändert, in frischen Bruchflächen sehr schön aussehen! Nicht umsonst wird er auch als Fassaden- und Grabstein oder in Steingärten etc. verwendet.
An der Erdoberfläche, verwittert und bewachsen, ist er oft eher unauffällig. Die Felsen des Kühsteins bei Erbendorf bestehen so z.B. aus Amphibolit, sind aber schon von ihrer etwas versteckten Lage eher unbekannt und zudem eben unscheinbar, auch wenn man dann doch davorsteht. Aufgrund der Bemoosung und des nahen Steinwaldes würden die meisten oberflächig wohl einfach denken, es handele sich „auch“ um Granit 🙂 Etwas auffälliger ist der Naabfelsen. In Anerkennung seiner „Besonderheit“ wurde dieser deshalb schon 1938 als Naturdenkmal unter Schutz gestellt. Hier hat die Fichtelnaab in einer Kurve geholfen, Felsen am Prallhang freizustellen. Ohne solche Hilfe …
Es sind aber nicht nur die natürliche Erosion und die Flüsse, die Gestein freilegen, das sonst im Erdboden unter unseren Füßen verborgen bliebe. Da Amphibolit ein sehr festes Gestein, ein sog. „Hartstein“ ist und daher – ähnlich wie Basalt – u.a. sehr gut als Schotter bspw. im Straßen- und Schienenbau zu gebrauchen ist, wird er vom Menschen in Steinbrüchen als Rohstoff und Wirtschaftsgut abgebaut. Als Nebeneffekt entstehen dabei „künstlich“ Wände und „Felsen“.
Nun, wer Windischeschenbach nicht genauer kennt, wird sich fragen, wo dies hier wohl der Fall ist. In der Tat liegt der Steinbruch Oberbaumühle etwas versteckt und ist landschaftlich weitgehend unauffällig, womit gleichzeitig auch die wahrnehmbaren Emissionen begrenzt bleiben. Viele sind vermutlich schon an ihm vorbeigefahren, ohne ihn je bemerkt zu haben. Dabei summiert sich der beträchtliche Gesamthöhenunterschied vom Steinbruchrand im höchstgelegenen Gelände bis zu seiner tiefsten Abbausohle auf immerhin über 100 m!


Einzelne Stellen gewähren von außerhalb des Steinbruchgeländes beeindruckenden Einblick, regen die Phantasie an und lassen speziell angesichts einiger Wände mit bis zu 50 m Höhe das Klettererherz definitiv schneller schlagen. Nun, es handelt sich um einen aktiven Steinbruch, d.h. einige Wände werden natürlich dem weiteren Abbau zum Opfer fallen und nie kletterbar sein. Es gibt jedoch einige Felswände, die bereits an der Abbaugrenze liegen und so grundsätzlich bestehen bleiben. Bei den hervorstechenden Wänden wäre es optisch, klettertechnisch und sogar ökologisch schade, wenn sie einfach zuwachsen oder mit Abbraum angefüllt würden und dann verbuschen und schlußendlich in Wald untergehen! Dies gilt speziell auch im Hinblick auf die „Besonderheit“ des Gesteins, seines Bezugs zur unweiten KTB und seiner Lage im Geopark, der ja just Augenmerk auf geologische Aufschlüsse und Geotope lenken möchte und damit wohl auch touristisch eine gewisse Wirksamkeit entfalten soll.
Auch hier also gilt, daß die Vision einer künftigen klettertechnischen Nutzung anderen Interessen keineswegs widerspricht, sondern von diesen eher genutzt werden kann – letztlich ähnlich, wie dies am Burgfelsen schon erfolgreich geschieht.

-> Weitere Bilder Amphibolit-Steinbruch Oberbaumühle (Google-Foto-Galerie)
Zusammenfassung
Klettern in unterschiedlichen Gesteinen – wie aufgezeigt: die nördliche Oberpfalz bietet das auf fast einzigartige Weise – und dabei ist noch zusätzliches, zudem außergewöhnliches Potential vorhanden!
Outdoor Entfernungen mit knapp über 100 km für Gneis, 6o km für wirklich auch bereits außergewöhnliche Quarzkletterei (wer von Euren Kletterfreunden, die oft hauptsächlich im Kalk unterwegs sind und für die Granit meistens schon sowohl fremd als auch irgendwie befremdlich ist, war da denn schon klettern!?), ab 50 km für Karbonate im weltbekannten Fränkischen Jura oder 35 km für einen besonderen (!) Sandstein – jeweils ab Burgfelsen Neuhaus, der sich inmitten eines Granitgebietes befindet, welches vom Fichtelgebirge über den Oberpfälzer Wald bis in die nördlichen Ausläufer des Bayerischen Waldes reicht und damit bereits unterschiedlichste Granitvarietäten mit entsprechend abwechslungsreicher Kletterei bietet! Ergänzend Indoor für Schlechtwetter Hallenklettern und Bouldern in Friedenfels, 14 km, TIR 20 km, WEN 22 km, WUN 45 km, BT 50 km und Selb 55 km!

Und dann wäre da in nur 26 km Entfernung potentiell hervorragendes Basaltklettern und nur 2 km von den Granitklettereien des Neuhauser Burgfelsens entfernt fast „alpines“ Amphibolitklettern grundsätzlich möglich! Ersteres Gestein erst in ca 500 km Entfernung ähnlich zu erleben, zweiteres vielleicht überhaupt erst hier weltweit einmalig (!) so als Sportkletterei möglich (bisher habe ich zumindest keine weiteren echten Sportklettereien in Amphibolit recherchieren können)! Es wäre eine hervorragende Ergänzung der bereits vorhandenen Möglichkeiten und die Region hätte – neben dem Zoigl 🙂 – mit dieser einzigartigen Vielfalt an Outdoor-Klettermöglichkeiten ein weiteres Alleinstellungsmerkmal!
Ich hoffe, es ist mir gelungen meine eigene Begeisterung hier auf den ein oder anderen überspringen zu lassen und zu Weihnachten und in die staade Zeit ein paar zwanglose Ideen einzustreuen. Es würde mich ausdrücklich freuen, mit meinen „Visionen“ vielleicht einige Entwicklungen in der Zukunft anstoßen zu können! Ich glaube es wäre eine gute Sache nicht nur für uns Kletterer, sondern für die ganze Region. Einen Geopark haben wir schon. Ein geologisch vielfältiger „Kletterpark“ ließe das wahrhaft „greifbar“ werden und mit Leben füllen.
So – und jetzt träume ich weiter vom Eisklettern in Neuhaus 😉

P.S.: Wie vom Autoren erst im März 2019 festgestellt, weist ein kleiner Gneisfelsen in nur 40 km Fahrt-Entfernung überraschend tatsächlich 3 Haken zur Absicherung auf und kann demnach als „Kletterfels“ angesehen werden. In anderem Gestein wegen dieser geringen Möglichkeiten kaum erwähnenswert, ist mit dem Großen Stein das Klettergestein Gneis damit aber ebenfalls bereits im 100 km-Umkreis „kletterbar“.
40 km, Metamorphit, Gneis, -, Miesbrunn bei Pleystein, Großer Stein, ca. 3 Routen
P.S. 2 (13.04.2020): Wieder ein Jahr später kann der Autor hiermit ein erneutes, aber erfreutes P.S. zufügen. In nur 35 km Fahrt-Entfernung von Windischeschenbach, im sog. Waldsassener Schiefergebirge“ lockt teilweise phyllitischer Glimmerschiefer als außergewöhnliches Klettergestein. Zwar wußte der Autor vom Ringelfelsen und seiner für das „Flachland“ durchaus akzeptablen Höhe von max. ca. 12 m, unbekannt war ihm bis dato allerdings geblieben, daß dieser tatsächlich in größerem Umfang von Kletterern genutzt wird und es so diesmal nicht notwendig ist, sich auf nur 3 „Nothaken“ zu berufen, um die eigene Definition „Klettergestein“ zu rechtfertigen: Der Ringelfelsen bietet ca. 10 gut abgesicherte und teilweise anspruchsvolle Kletterrouten mit Verschneidung, Riß, Kante und überhängender Wand und ist so ein durchaus lohnender Sportkletterfelsen.
35 km, Metamorphit, phyllitischer Glimmerschiefer, Waldsassener Schiefergebirge, Wernersreuth, Ringelfelsen, ca. 10 Routen
[Veröffentlicht am: 14. Dez 2018 um 21:05, Autor: Dipl.-Geol. Harald Rost, Windischeschenbach]
Burgfelsen Neuhaus Windischeschenbach – Burgfelsen Neuhaus Windischeschenbach – Neuhauser Burgfelsen Windischeschenbach – Burgfelsen Neuhaus Klettern in Windischeschenbach