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Y-Riß-Felsen – Sanierung 2015/2017

(von Harald Rost, Windischeschenbach, 17.10.2017)

Lage und Routen

Viele kennen ihn offenbar gar nicht. Dabei ist der Y-Riß-Felsen ein überraschend großes mehrteiliges Felsmassiv nur 20 m südöstlich des Ratfelsen-Hauptmassivs. „Kletterbar“ ist allerdings nur der mittlere Teil und erschlossen sind letztlich lediglich eine bzw. zwei Touren an deren Südwand. Die beiden aber lohnen sich!

Es sind sehr alte Touren: Linker und rechter „Ast“ des namensgebenden Y-Risses. Ich kenne sie schon aus dem grünen BÜHLER (1983, 5. Aufl.) und kann mich erinnern, daß man auch zum damaligen Zeitpunkt den Felsen bzw. die Routen und deren Zustieg suchen und sich teilweise durch dichtes Unterholz schlagen mußte.

Zwischenzeitlich war es im Zuge der forstlichen Bewirtschaftung wohl mal freier, so ein Zustand hält ohne minimale Pflege oder zumindest ausreichende Frequentierung in unseren Breiten jedoch nicht sehr lange an.

Frequentierung, Absicherung, Schwierigkeit

Warum aber ist der Felsen und sind die Routen trotz der grundsätzlich geringen Entfernung des Massivs zur nordwestlich gelegenen Ostwand des Ratfelsens immer wieder in einem Dornröschenschlaf versunken? Nun, aus der Ratfelsen-Perspektive ist das Massiv durchaus unscheinbar. Seine Zugänglichkeit erfolgte früher hauptsächlich aus Süden, also nie wirklich direkt. Man mußte immer etwas suchen. Für nur „eine Route mit zwei Ausstiegsvarianten“ haben sich Viele da wohl den Aufwand gespart, zudem man an Waldkopf und Ratfelsen eben auch damals schon (noch ohne die Neuerschließungen am Hohen und Niederen Rat) zahlreiche andere Routen vorziehen konnte.

Das wiederum aber bedeutete eine permanent geringe Frequentierung des Y-Risses und damit erneut schnelleres Zuwachsen von Zugangspfaden, Massiv und Gestein. Wer dennoch suchte und fand, stand daher dann schlußendlich an einem Fels, der, da kaum beklettert – und je dichter zugewachsen, desto feuchter -, den für Kletterer unerfreulichen „Feinbelag“ aufwies, der bei Trockenheit staubt, in feuchtem Zustand schmiert und Klettern immer erschwert. Dies, in Kombination mit der beeindruckend spärlichen „alpinen“ Absicherung der Ersterschließer mit insgesamt nur 3 (!) Schlaghaken (der erste in ca. 7 m Höhe an der Gabelung des Risses, die anderen beiden 1,8 m unter Gipfelplateau) sowie der Tatsache, daß die Tour doch stark herausdrückt, es keinen Umlenker gab und ein einfacher Auf-, Aus- und Abstieg sich am verwachsenen Massiv zumindest nicht gerade aufdrängt, ließ die meisten dann wohl doch gleich oder nach kurzem, nur halbherzigen Versuch wieder umdrehen. Die Katze biß sich jedenfalls in den Schwanz: So konnte die Frequentierung nie für einen Imbißstand am Wandfuß reichen 🙂 und der Bekanntheitsgrad blieb mangels Mundpropaganda weiter gering.

Alpine Kletterschwierigkeiten nach WELZENBACH (1926)

Schade eigentlich! Der Fels und die beiden Routen sind nämlich durchaus attraktiv. Wer ihn nur wegen seiner relativ niedrigen UIAA-Einstufung von V+ und V- a1 / VI (BÜHLER) schnell als vermeintlich „uninteressant und nicht herausfordernd“ rechts liegenläßt, der würde sich bei einem Besteigungsversuch dann ggf. doch erstmal wundern (über 2x V+ nach HARTL 2016 ohnehin). Einen kleinen Hinweis liefert schon das unscheinbare und heute kaum mehr bekannte „a1“ und auch die Fünf darf m.E. nach eher „alpin“ und im Sinne der WELZENBACH-Skala verstanden werden.

Es handelt sich eher um eine offenbar schon lange Tradition habende „Steinwald-Untertreibung“ und mit einer „Kletterhallen-Fünf“ hat das nicht das Geringste zu tun!

Drohender Verlust der historischen Routen

Trotz Erwähnung in den Führern waren Routen und gesamter Y-Fels über die Jahrzehnte aus besagten Gründen jedenfalls etwas in Vergessenheit geraten und zwischenzeitlich rein praktisch immer wieder fast unzugänglich und unkletterbar. Der auch im „aktuellen“ (2016) HARTL trotzig verzeichnete untere Haken fehlt zudem (nicht mehr ganz datierbar) seit Jahren. Zwar waren in Ergänzung oder als Ersatz zu den Bäumen, die sich früher auf dem Y-Plateau befanden und an denen man sich zumindest abseilen konnte, weitgehend unbekannt offenbar irgendwann einmal 2 Bohrhaken hinter der Ausstiegskante der Routen nachgerüstet worden, diese änderten an der grundsätzlichen Situation jedoch nichts. Auch diese Haken kamen bereits wieder in die Jahre und entsprechen nicht heutigem Standard bzw. sind langfristig schwer kalkulierbar (s. Abb.). Es drohte letztlich ein dauerhafter Verlust der historischen Routen! Angesichts ihrer Attraktivität und gerade auch in Respekt vor den Leistungen der Ersterschließer (!) wäre dies sehr schade gewesen!

Wirklich erhalten bleiben Routen oft nur dann, wenn sie mit einer bestimmten Frequenz geklettert werden. Dies setzt eine gewisse Bekanntheit, Zugänglichkeit und „Machbarkeit“ für eine ausreichende Anzahl an Kletterern voraus. Heute zählt zur Machbarkeit ggf. aber eben auch eine bestimmte Erwartung an „Sicherheit“. Ein gewisser „Nervenkitzel“ (manchmal wohl auch eher eine „Kletterer-Arroganz“) in Ehren, zumindest ein „Grounder“ mit Gefahr schwerster Verletzungen bis hin zum tödlichen Absturz sollte möglichst vermeidbar sein! Dies ist nicht „einfach“ oder gar ausschließlich durch „ausreichendes Können“ zu gewährleisten. Nun kann man am Y-Riß zwar z.T. Friends/Keile setzten und damit die „Sicherheit“ erhöhen, zumindest für ausreichende Frequentierung hat dies aber ganz offensichtlich über Jahre nicht annähernd ausgereicht! Die Begehungen kann man sicher an wenigen Fingern abzählen – event. ist sogar zweifelhaft, ob in den letzten Jahren überhaupt welche stattfanden. So es die gab, hätte es sich aber auch für die wenigen „Nutzer“ absehbar schnell ganz erledigt gehabt. Eine Sanierung im Sinne des allen zugutekommenden Routenerhalts (!) schien hier daher gerechtfertigt.

Sanierung

Ich schätze, daß in den letzten Jahren ich am Y-Riß-Felsen sicher einer der häufigsten Besucher war und hatte ihn dabei immer „im Blick“. Als 2015 in Absprache mit der Forstverwaltung an der Ratfelsen-Gruppe kooperativ von DAV Weiden und DAV Karlsbad umfangreichere Pflege- und Freischneidearbeiten erfolgten, widmete ich mich daher auch diesem „vergessenen“ Massiv. Dabei wurde u.a. die direkte Zugänglichkeit von der Ratfelsen-Ostwand verbessert und an den Routen selbst etwas ausgelichtet. Schon dies mag ggf. bereits zu der ein oder anderen Begehung animiert haben, bekannt ist mir allerdings nichts.

2016 reklamierte die Erschließung des Burgfelsens in Neuhaus dann aber fast meine gesamte diesbzgl. Kapazität und bremste weitere Aktivitäten am Y-Riß-Felsen vorerst. So ging es schließlich erst im August 2017 endlich auch an die eigentliche Routensanierung:

In Absprache mit Fritz Ratzinger (DAV Weiden) bohrte ich die Löcher für neue Edelstahl-Klebehaken und setzte einen Doppelring-Umlenker an der Ausstiegskante. Dann erneute Aufschiebung weiterer Arbeiten, da der Versandhandel erstaunlicherweise kaum Haken liefern konnte und Neuhaus noch Vorrang genoß. Erst im Oktober 2017 schließlich wurden auch die Zwischenhaken geklebt und so ist die Route nun vollständig saniert. Kosten und Arbeit wurden dabei brüderlich geteilt: Der DAV Weiden hat sich freundlicherweise bereit erklärt die Materialkosten zu übernehmen. Die Arbeit hat mit mir und der sektionseigenen Bohrmaschine praktisch der DAV Karlsbad geleistet.

Gerade weil die Routen „historisch“ sind, habe ich mich dabei um eine respektvolle Sanierung bemüht. Ich denke und hoffe, der Spagat zwischen Erhalt des Routencharakters und dennoch sinnvoller Verbesserung der Sicherheit sowie Schonung des Felsplateaus durch den Umlenker ist gelungen:

Die ursprüngliche alte Absicherung bestand aus 3 alten Schlaghaken, von denen der untere nicht mehr existiert. Jetzt gibt es 5 Zwischenhaken und einen Umlenker-Ring-Haken. Letztlich wurden also ein Umlenker und 2 ergänzende Haken zugefügt. Vor allem der neue unterste Zwischenhaken wirkt der gefährlichen Groundergefahr entgegen. Der zweite Haken entspricht etwa der ehemaligen Hakenposition an der Gabelung des Y. Im rechten Ast sichert der neue Zusatzhaken etwas gegen einen sonst ggf. bereits deutlichen Pendler und Felsaufschlag ab. Die beiden oberen Haken hätte ich mit der Wahlfreiheit, die die Bohrmaschine ermöglicht, grundsätzlich etwas anders gesetzt, habe dann aber bewußt nur die alten Haken in ca. 20 cm Abstand ersetzt, um den Routencharakter möglichst zu wahren.

Die beiden älteren Bohrhaken hinter der Ausstiegskante blieben bestehen und können begrenzt ggf. als Redundanz oder Ausstiegs- oder Zustiegs-Sicherung zum Umlenker genutzt werden.

Ich denke, daß die Sanierung mit Verbesserung von Zugänglichkeit und Absicherung eine gute Ausgangsbasis für künftiges Klettern am Y-Riß-Felsen geschaffen hat, sie dem langfristigen Erhalt der Routen dort dient und gerade damit auch den Ersterschließern (die namentlich gerne nachgereicht werden, wenn es jemand sicher weiß!) ein wahrhaft ehrfürchtiges Andenken bewahrt bleibt. Ich würde mich jedenfalls freuen, wenn in von mir erstellten Routen auch noch in vielen Jahren fleißig und mit Freude geklettert wird und diese nicht zu- und verwachsen oder nur ab und an von vermeintlichen oder tatsächlichen Könnern „riskiert“ werden.

Viel Freude am Y-Riß!

Fotos der Sanierung:

Dank an Hans für die schönen Bilder 🙂 !

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